„Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“
Johannes 1,14a
Was für ein Satz. Ein einigermaßen komplizierter Satz. Ein sehr theologischer Satz.
Dahinter verbirgt sich allerdings eines der einfachsten und natürlichsten Dinge, die es auf der Welt gibt. Ein Baby wird geboren. Niedlich, klein, hilflos. Das löst in eigentlich jedem Menschen etwas aus. Wir wollen die neuen Erdenbürger immer gleich begrüßen. Sie halten. Einmal verstohlen an ihren Köpfchen riechen. Dieser einzigartige Babyduft. Einem schlafenden Kind nähern wir uns ganz vorsichtig. Ehrfurchtsvoll schauen wir es an. So viel Potential. So viel unverbrauchtes Leben. Da können wir nur staunen. Wir wollen all das instinktiv beschützen. Es nähren. Es wachsen und leben sehen.
„Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“
Der aktuelle Wochenspruch beschreibt das gleiche Prinzip. Gott wird Mensch. Geboren wie wir alle als kleines Baby. Und die Menschen sehen die Herrlichkeit des neuen Lebens und all seiner Verheißungen. Gott gibt uns, den Menschen, die Chance uns von unserer besten Seite zu zeigen, wenn wir ihm, Gott, begegnen. Ganz vorsichtig, ehrfurchtsvoll und mit Liebe nähern wir uns dem Neugeborenen in der Krippe. Und das Kind lächelt friedlich zu uns herauf. Ich denke, dass ist ein wesentlicher Grund, warum wir so gerne Weihnachten feiern.
Man möchte Streitigkeiten begraben, Familie, Freunde und Bekannte um sich herum versammeln, mit einem Geschenk Freude bereiten und viele Wünsche erfüllen. Selbst unsentimentale Leute summen oft fröhlich Weihnachtslieder vor sich hin oder stimmen ungehemmt in den Chor der Kirchgänger mit ein. Weihnachten ist einfach anders. Weil:
„Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“
Weil Gott sich entschieden hat, als kleines Baby zu uns zu kommen. Er will, dass wir ihm uns von unserer besten Seite zeigen a la: Siehtst du, geht doch. Warum nicht immer so?
Jesus ist kein ewiges Baby geblieben. Er ist herangewachsen. Ist zwölf Jahre alt geworden und hat im Tempel heftig mit den Gelehrten diskutiert. Ich kenne viele Zwölfjährige, die das genauso bringen. Tagtäglich in der Schule. Sie wollen alles wissen und zwar ganz genau. Geben sich mit Halbwahrheiten oder Ausflüchten nicht zufrieden. Stellen die Erwachsenen auf die Probe. Das kann manchmal anstrengend sein, aber, hallo, was für eine Freude zu wissen, dass unsere Zukunft in den Händen von so aufgeweckten Menschen liegt! Hoffnung. Gott spiegelt uns auch in diesem Lebensalter unser unglaubliches Potential!
Und Jesus wurde schließlich ein erwachsener Mann. Mit 30 übernimmt Verantwortung. Weiß wie man die Welt verändern kann, zum Guten. Er hält damit nicht hinterm Berg, sondern besteigt den Berg und predigt es zu den Massen. Schaut mich an. Ich bin einer von euch. Was ich kann, das könnt ihr auch. So will es Gott. Lebt wie ich es euch vorlebe. Zeigt euch von eurer besten Seite, jeden Tag. Begegnet euch mit Liebe. Beschützt euch gegenseitig. Ehrt Gott.
Im Prinzip: Verhaltet euch, jeden Tag, wie die Menschen, die an Weihnachten ganz verzaubert auf das Baby in der Krippe schauen. Denn:
„Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“
Und es ist uns ein Vorbild, egal in welchem Lebensalter!
Amen.
Eine gesegnete Weihnachtszeit wünscht euch, eure Pfarrerin Anne Mika.