Angedacht

Sun, 22 May 2022 09:18:10 +0000 von Anne Mika

© Anne Mika
Rogate (lat. Betet/bittet) 
So heißt dieser 5. Sonntag nach Ostern bei Kirchens. Betet/bittet, klar doch könnte man jetzt sagen. Ich bete doch. Zumindest immer mal wieder. Ich weiß, zumindest theoretisch, dass ich mit meinen Sorgen und Nöten, aber auch mit meiner Freude zu Gott kommen kann. 
Aber wie sieht das ganz praktisch aus. Habe ich mich wirklich schon einmal voll und ganz darauf verlassen, dass Gott es schon für mich richten wird? Habe ich wirklich schon einmal aus vollem Herzen gebetet wie es im Wochenspruch aus Psalm 66,20 heißt: 
Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“ 
Ich erinnere mich an meine Kindheit. Eines der ersten Dinge, die meine Eltern mich gelehrt haben war es „Bitte“ und „Danke“ zu sagen. Sie nannten diese Begriffe „Zauberwörter“. Und es war tatsächlich ein bisschen wie ein Zauber. Wenn man an einen Wunsch nur ein liebes „Bitte“ angehängt hat, dann stieg die Wahrscheinlichkeit, dass dieser erfüllt wurde gleich um ein vielfaches. Manchmal, wenn ich etwas ganz dringend wollte, habe ich deshalb das Wort „Bitte“ auch ganz nachdrücklich verwendet. „Bitte, bitte, Mama, noch einen Keks.“ oder „Ich will aber unbedingt Reiterferien machen, Biiiiiiiiitttttteeeeeee!!!“ 
Als Kind waren meine Eltern so etwas wie Superhelden. Sie konnten in meiner Vorstellung einfach alles. Auch Reiterferien ermöglich so sie das denn wollten. Erst später habe ich begriffen, was es heißt ein Haus abbezahlen zu müssen und finanziell nur wenig Spielraum zu haben. Später, als Jugendliche, als Erwachsene, da haben sich die Erfahrungen gehäuft, dass eben nicht jeder Wunsch erfüllt werden kann. Das es sich manchmal nicht einmal lohnt überhaupt zu fragen. „Bitte“ zu sagen, kann einem viel bringen und viele Türen öffnen. Aber es ist eben doch kein „Zauberwort“, das alles möglich macht. 
Und nun Rogate: betet/bittet. Und der Wochenspruch: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“ 
Und Jesus, der sagt: „Ihr müsst wieder werden wie die Kinder.“ Habe ich verlernt zu bitten? Zögere ich nicht manchmal damit überhaupt zu fragen nur weil es sein könnte, dass mein Wunsch abgewiesen wird? Muss ich was das angeht nicht mal wieder ganz dringend mein inneres Kind beleben? Naiv, einfach mal davon ausgehen, dass mein Wunsch entgegen aller Wahrscheinlichkeit von Gott doch erfüllt wird. Wieder wünschen und hoffen wie ein Kind. Fest daran glauben, dass alles möglich ist. Ich will es zumindest versuchen. Ich will das Versprechen annehmen, dass Gott keines meiner Gebete einfach so verwirft. Ich will rufen, bekennen und loben: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“ 
Amen. 



Es wünscht euch eine gesegnete Woche eure Pfarrerin Anne Mika
Bestätigen

Bist du sicher?