Angedacht

Mon, 19 Dec 2022 10:49:07 +0000 von Anne Mika

© Anne Mika
Sich auf Knopfdruck freuen sollen. Also bei mir klappt das nicht immer. 
Da kommt jemand mit einem ihrer/seiner Meinung nach tollen Vorschlag um die Ecke. Sprüht geradezu vor Begeisterung über die eigene Genialität und erwartet das ich das selbstverständlich auch sofort und gleich genauso sehen muss. 
Oder, ich stecke gerade bis über beide Ohren tief in einer Krise. Mir geht es richtig beschissen. Dann ist es schwer mich aufzuheitern. Egal wie viel Mühe sich jemand machen mag um mir ein Lächeln abzuringen. Manchmal sind einfach alle meine Freude-Rezeptoren verstopft. Dann kann ich mich zusammenreißen und vielleicht für einige Zeit halbwegs schauspielern, dass ich mich freue. Das tue ich um einen lieben Menschen, der sich um mich bemüht nicht zu enttäuschen. Aber echtes Gefühl ist das nicht. 
Sich auf Knopfdruck freuen sollen. Das sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass es bei mir nicht immer klappt. Und nun dieser Wochenspruch für den 4. Advent: 
Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ 
Er steht im Philipperbrief Kapitel 4 Verse 4 und 5b. 
Da regt sich in mir erst einmal Widerstand, denn das klingt für mich wie ein Befehl mich zu freuen. Allewege, also immer und in jeder Lebenslage. Und meine Erfahrung sagt mir: das kann nicht klappen. Also schaue ich noch einmal in die Bibel. Denn eines weiß ich: Die Schrift beschäftigt sich mit Menschen und ihren vielfältigen Lebensgeschichten. Eigentlich stellt sie keine Ansprüche, die man nicht erfüllen oder zumindest erklären kann. Nicht in Bezug auf uns Menschen. 
Ich nehme die Gute Nachricht Bibel zur Hand. Denn sie formuliert vieles weniger sperrig. Dort lese ich: „Freut euch immerzu, mit der Freude, die vom Herrn kommt! Und noch einmal sage ich: Freut euch! Alle in eurer Umgebung sollen zu spüren bekommen, wie freundlich und gütig ihr seid. Der Herr kommt bald! Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Tut es mit Dank für das, was er euch geschenkt hat.“ 
Na das klingt doch gleich ganz anders. „Freut euch mit der Freude, die vom Herrn kommt!“ Das heißt es ist ok, wenn ich es manchmal nicht schaffe Freude aus mir selbst heraus zu generieren. Gott schenkt mir Freude. Ich stelle mir das vor wie ein Geschenk, dass unterm Weihnachtsbaum für mich liegt. Eigentlich wollte ich gar keine Geschenke. Es sieht vielleicht auch eher unscheinbar und wenig verheißungsvoll aus, das Geschenk. Aber dann packe ich es doch aus. Anfangs skeptisch und zögerlich, bis die ersten Hinweise darauf, was es sein könnte unter der Verpackung sichtbar werden. Bis die erste Freude hindurch scheint. Aus Skepsis wird vorsichtige Hoffnung. Aus vorsichtiger Hoffnung ungläubige Vorfreude und schließlich freudige Überraschung und am Ende pure Freude. 
„Freut euch mit der Freude, die vom Herrn kommt!“ Gott schenkt uns Freude, gibt uns aber auch die Zeit sie in Ruhe auszupacken und dann auf uns wirken zu lassen. Da muss nichts auf Knopfdruck passieren. 
„Alle in eurer Umgebung sollen zu spüren bekommen, wie freundlich und gütig ihr seid.“ Oft sagen wir: „geteiltes Leid ist halbes Leid.“ nicht vergessen: „geteilte Freude ist doppelte Freude.“ Wir sind Gottes Boten in dieser Welt. Durch uns will er seine Freude, seine Liebe und seinen Frieden verbreiten. Geben wir nicht auf, wenn wir dabei manchmal scheitern. Es kann ja sein, dass es jemanden dem wir Freude schenken wollten gerade in so einer Stimmung ist, wie ich sie oben in meinen beiden Beispielen beschrieben habe. Freude muss nicht auf Knopfdruck kommen. Manchmal ist es schwer geschenkte Freude auszupacken. Wie bei einem Geschenk, dass besonders gut eingepackt ist mit extra stark klebendem und ganz viel Tesafilm. 
„Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott“ Dazu kann ich nur sagen, dass ich es versuchen will. Mir keine Sorgen zu machen, meine ich. Denn zugegeben ich wende ich oft auch erst an Gott, wenn mich die Sorge schon fest im Griff hat. Aber schließlich brauchen wir alle ja den einen oder anderen guten Vorsatz fürs neue Jahr ;-) Amen. 


Es wünscht euch eine gesegnete vierte Adventswoche, eure Pfarrerin Anne Mika. 
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