Verabschiedung Almut und Ingo Koll als Pfarrer der Gemeinde 2

Mon, 25 Jan 2021 17:22:37 +0000 von Ingo Koll

© eigene Aufnahme
Im Anhang das Grußwort vom EKD-Afrikareferenten Marc Reusch und die Predigt

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Grußwort von OKR Marc Reusch, EKD

(verlesen durch die KV-Vorsitzende Anita Sigalla)


Liebe Mitglieder und Freunde der evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Dar es Salaam, liebe Almut und lieber Ingo,

Welch glückliche Fügung, dass die Vereinte Evangelische Mission in Wuppertal vor etwas mehr als drei Jahren beschlossen hat, Dich, liebe Almut mit einem ökumenischen Dienst in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania zu beauftragen. Denn dieser weise Entschluss hat uns im Kirchenamt der EKD in die glückliche Lage versetzt, Dich und damit Euch beide, mit der nebenamtlichen Arbeit in der deutschsprachigen Gemeinde in Dar es Salaam zu beauftragen. Eine so erfahrene Auslandspfarrerin und mit ihr, einen so erfahrenen Auslandspfarrer, der zudem auch schon Vakanzvertretung in der Gemeinde übernommen hatte und sie gut kannte. Welch gute Fügung und welch großes Geschenk für uns als EKD und die Gemeinde bei Ihnen. Und neben großer Erfahrung bekam die Gemeinde auch eine Pfarrerin, bzw. ein Pfarrerehepaar, die motiviert sind, voller Energie, die gerne auf Menschen zu- und eingehen, die sich engagieren und gut vernetzen. Die auch darauf achtet, dass Neue es nicht zu schwer haben, die Gemeinde zu finden und sich mit ihr anzufreunden. Die auf Spaziergängen durch das alte Dar es Salaam neue Kontakte für die Gemeinde knüpfen. Die sich in die Kultur Tansanias gut einfinden und einfühlen können. Und die daneben auch diejenigen nicht aus dem Blick verliert, die in Tansania einen schweren Stand haben und ausgegrenzt werden. 



Das wissen inzwischen sogar viele Menschen, die bei uns im EKD-Kirchenamt in Hannover arbeiten. Sie tragen seit dem letzten Frühsommer mit großem Stolz Corona-Masken aus Tansania. Und über die Masken konnten sie hören und lesen, wie es jungen, nicht verheirateten Müttern in Tansania ergeht. Vor allen Dingen aber auch, wie das Projekt Binti Mama den jungen Frauen zur Seite steht und ihnen Perspektiven eröffnet und die deutschsprachige Gemeinde in Dar Es Salaam dieses wichtige Projekt ermöglicht hat. 



Für die Gemeinde in Dar es Salaam sind wir froh und dankbar, dass mit Pfarrerin Anne Mika eine Nachfolgerin für die Gemeinde gefunden und vor Ort ist und für deren Dienst wir schon jetzt Gott um seinen Segen bitten.



Nun gehst Du in den verdienten Ruhestand, liebe Almut. Aber, an Ingo kann man ablesen, wie der „Ruhe“stand bei Dir und Euch wohl aussehen wird. Ihr bleibt zunächst noch eine Weile in Tansania, um einige Projekte abzuschließen und anschließend wird uns im Kirchenamt schon etwas Gutes einfallen, wo und wie wir Euch weiter auf Trab halten und beschäftigen können. 



Für all Deinen Einsatz in diesen drei Jahren, liebe Almut, auch für Dein ehrenamtliches Engagement, lieber Ingo, möchte ich auch im Namen von Bischöfin Petra Bosse-Huber und Oberkirchenrat Frank Kopania herzlich Danke sagen und Euch von Herzen alles Gute wünschen, Gottes Segen und Begleitung, Kraft und Freude für alle neuen Aufgaben und Herausforderungen.



Euch und der Gemeinde insgesamt: Gott befohlen. Bleiben Sie behütet und gesund.



Marc Reusch

Afrikareferent im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
www.ekd.de

Abschiedspredigt zu Lukas 5,1-11

Liebe Gemeinde, es gibt ganz unterschiedliche Dinge, die einen umhauen können. Dazu gehören Misserfolge. Dazu können aber auch sehr überraschende Erfolge gehören.
In der Lesung des Evangeliums hatten wir so eine Geschichte. Jesus verhilft Petrus zu einem so erfolgreichen Fischzug, der ihn umhaut.
 
Was wir da von Lukas hören, sind  2 Geschichten in einer.
Die erste ist die überraschende Erfahrung eines Erfolgs, mit dem keiner rechnete. Dieser Erfolg wird wie ein Wunder erlebt.
Die Zweite ist die Geschichte mit dem Petrus, der einen Schreck bekommt, weil er auf einmal etwas Heiliges spürt.  Und hört, dass Jesus ihn ruft.
 
Es fängt damit an, dass Jesus sich ein Boot ausleiht., damit er zur Menschenmenge reden kann. Hinterher will er sich bei den Fischern bedanken und verspricht ihnen einen guten Fang. Simon Petrus, dem das Boot gehört, lacht nur. „Das haben wir doch schon probiert, heute gibt es nichts“.  Aber Jesus hat auf ihn Eindruck gemacht, er fährt noch einmal heraus.
 
Jetzt hat er das unerwartetes Erlebnis: die Netze füllen sich, sie drohen zu reißen – fast geht das Boot unter. Welch ein Fischfang!  Welch ein Erfolg!
Sie waren müde gewesen, sie hatten eine erfolglose Nacht hinter sich gehabt – und waren auf die Aufforderung von Jesus doch noch einmal hinausgefahren. Diese Fahrt brachte reichen Erfolg!
 
Warum steht diese Geschichte in der Bibel? Warum wurde sie weitererzählt? Wegen des ungewöhnlichen Fischerfolges?  
Ich glaube, es hat mit der ungewöhnlichen Erfahrung zu tun, die Petrus hier machte.  Der Fischzug wurde für ihn zu einer Glaubenserfahrung. 
Und diese Art von Glaubenserfahrung  machen Menschen immer wieder mit Gott. 
 Der Alltag sagt. „Nein, es geht nicht“  Die Erfahrung sagt: "Lass es, es macht keinen Sinn! Vergeude nicht deine Kraft!"
Und die Hoffnung sagt: "Ach, wir versuchen es noch einmal."
 
Wir müssen immer wieder Hoffnung gegen negative Erfahrungen setzen.  
Jeder von uns kennt Enttäuschungen. Ich denke, die meisten von uns haben auch schon mal Mutlosigkeit gespürt.
 
Wir sind in Dar es Salaam eine sehr kleine Gemeinde. Wir haben Menschen aus den deutschsprachigen Ländern, die hier leben. Wir haben Tansanier, die mit der deutschen Sprache durch ihre Familie oder durch ihre Lebensgeschichte verbunden sind.  Und wir haben Menschen aus Übersee, die für einige Jahre hier in Dar es Salaam leben und den Weg in unsere Gemeinde finden.
 
Manchmal kommen wir nur im kleinen Kreis zusammen. Und wünschen uns natürlich, dass mehr kämen. Das gibt bisweilen Enttäuschungen
 
Das Evangelium setzt dagegen die die Hoffnung, dass Gott auch Türen für Herzen hat, wo ich keine mehr sehen kann. 
 
In unserer Arbeit hier sprechen wir oft mit Menschen, zu denen wir in unsrer Umgebung zuhause vermutlich nicht  zusammentreffen würden. Ausländer hier wie die meisten von uns. Viele haben sich innerlich und äußerlich in großer Entfernung zu Glauben und  Kirche eingerichtet. Wir waren immer wieder überrascht und dankbar, wie oft wir Unterstützung und Ermutigung aus ganz unerwarteter Richtung erfahren haben. Für diese Erfahrung ist eine Auslandsgemeinde ein guter Ort. Wir haben viel Grund, vielen Menschen dankbar zu sein. 
 
Ich möchte dazu Unterstützung zählen, die wir bei vielen Anlässen erhielten. Als wir als Gemeinde begannen, das Projekt mit den Binti Mama in der tansanischen Kirche zu unterstützen, war die Hilfsbereitschaft innerhalb und außerhalb unserer kleinen Gemeinde großartig! Mitglieder der Gemeinde, persönliche Freunde im Ausland, Partnergemeinden, die Vereinte Evangelische Mission, am Ende sogar die EKD trugen dazu bei, dass aus der kleinen Initiative heraus für eine Reihe der jungen Frauen neue Perspektiven entstanden sind. Als wir anfingen, uns Gedanken über Konzerte hier in Azania Front zu machen, kamen ebenfalls aus unerwarteten Richtungen Unterstützung für diese Initiativen unserer kleinen Gemeinde.
 
Glaube im christlichen Sinne gehört zusammen mit Liebe und Hoffnung. Menschen lassen sich auf den Glauben an Gott ein, wie der sich liebevoll in Jesus zeigt. Und sie bekommen immer wieder so einen Hoffnungsschub.
 
Hier setzt nun die 2. Geschichte ein.  Petrus da im Boot hat erst nur Fische rausgezogen, geschaufelt, bis das ganze Boot voll ist. Dann sieht er den ganzen Segen vor sich und -   bekommt einen Schreck!  Das ist doch nicht normal - das ist - verrückt!
Und ihm wird es unheimlich. Simon Petrus hat Jesus ja schon kennengelernt.  Er weiß, dass manche Leute dem Jesus eine enge Verbindung zu Gott zutrauen.   
Er blickt jetzt auf das Gezappel der Fische und hat das Gefühl , dass er hier mit einer Kraft zu tun bekommt, die sehr viel größer ist als er selbst.
 
So erschrickt er  und sagt zu Jesus: Herr, geh weg von mir!  Ich bin ein sündiger Mensch - 
 
Das übersetze ich als: Ich brauche Abstand von dir - Ich passe bestimmt nicht zu Gott!  
 
Was nun folgt, nennt man eine Berufungserzählung:  Jesus sagt: Petrus, du hast bislang Fische gefangen. Von jetzt an sollst du Menschen  fischen.
Das ist natürlich ein Spiel mit der Sprache.  Der Fischer Simon Petrus lässt von jetzt an seine Fische im Wasser und wendet sich den Menschen zu - weil Jesus ihn darum bittet. 
Weil Jesus es ihm sagt.
 
Menschenfischen sollten wir richtig verstehen. Wie andere Bildausdrücke kann es unterschiedlich  verstanden werden, so wenn Jesus an anderer Stelle vom Hirte-sein redet.  

Beim gewöhnlichen Fischfang sucht der Fischer seinen eigenen Nutzen und gewiss nicht den Nutzen der Fische. Gleiches gilt für den Hirten: Er weidet und beschützt seine Herde nicht zum Wohl der Herde, sondern zu seinem eigenen Wohl, weil ihm die Herde Milch, Wolle und Fleisch liefert. 

In der Bedeutung des Evangeliums geschieht das Umgekehrte: Hier geht es um den Fischer, der dem Fisch dient, und um den Hirten, der sich für die Schafe aufopfert. Wenn es um Menschen geht, die aufgefischt“ werden, so handelt es sich also um kein Unglück, sondern um Rettung, um Eröffnung neuer Möglichkeiten. Übrigens benutzt Jesus im griechischen Urtext auch ein anderes Wort als „FISCHEN“; unsere deutschen Übersetzungen haben an dieser Stelle etwas Mühe, das wiederzugeben.  Das Verb an dieser Stelle bedeutet eher „herausziehen“, in einem „hilfreichen Sinne einfangen“.

Ich denke an  Menschen, die nach einem Schiffbruch auf See den Wellen ausgeliefert sind, des Nachts, in der Kälte. Ich denke an das Seenotrettungsschiff Sea-Watch 4, das im August 2020 zu seiner ersten Rettungsmission ins Mittelmeer auslief. EKD und Sea-Watch, „Ärzte ohne Grenzen“ und zahlreiche weitere kirchliche und nichtkirchliche Organisationen in Deutschland haben es mit ihren Spendenaufrufen möglich gemacht.

Wenn man da ein Netz oder einen Rettungsring sieht, die ihnen zugeworfen werden, so ist dies keine Erniedrigung, sondern erstmal etwas Gutes. 

So sehe ich das Handwerk der Menschenfischer: einen trockenen Ort, vielleicht sogar mal einen Rettungsring bereithalten für die, die im Meer des Lebens mit seinen Wellen einen  leidlich sicheren Ruhepunkt suchen.

Ich habe hin und wieder von Menschen gehört, dass unsere Gottesdienste und die Kontakte in dieser Gemeinde für sie so etwas waren. 

Das alles macht Arbeit. Wer Fischer sein will, muss rausfahren; in einer Stadt wie Dar es Salaam muss man dahin gehen, wo Menschen sind, Kontakte pflegen. Aber ich finde, es ist eine Arbeit, die sich lohnt, weil ich glaube, das im Namen von Jesus ein Segen darauf liegt. Wie dieser Segen aussieht, wird jeder für sich selbst beantworten.

Jesus Christus hat damals den Simon Petrus gerufen, ihm nachzufolgen. Was immer wir an mehr oder weniger sinnvollen Aktivitäten in unseren Kirchen betreiben,  hat dieses eine Ziel: die Einladung zur Nachfolge weiterzugeben.
 
Denn  auch , wenn wir alle ganz erwachsen und ganz realistisch sind: wir wissen, dass es für unsere Welt und für die Welt unserer Kinder besser ist, wenn die Botschaft von Jesus mehr Nachfolger gewinnt:
Menschen, die aus Vertrauen leben statt aus Berechnung
Menschen, die vergeben gelernt haben, statt ihrer Wut und ihrem Racheimpuls zu folgen
Menschen, die bereit sind, übers Teilen nachzudenken, statt nur Ihr Eigenes zu suchen
 
So denke ich, dass diese kleine Schachtelgeschichte von Jesus und den Fischern einige Impulse hat, die gut sind für uns.
Einmal: sich auch mitten im Stress und in der dicksten Hektik der Arbeit offenzuhalten für die Wirklichkeit, die unsere Wirklichkeit übersteigt - offen zu bleiben für Hoffnung!
Und dann: sich ansprechen zu lassen für den Weg von Jesus Christus, weil der richtig ist.
 
Amen.
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